Was ist überhaupt ein Trauma?
Das Wort Trauma kommt aus dem griechischen und bedeutet „Wunde“.
Ein Trauma ist also eine seelische Verletzung oder eine starke psychische Erschütterung, die durch ein extrem belastendes Ereignis hervorgerufen wird wie zum Beispiel durch Gewalt, Naturkatastrophen, Unfälle, sexuelle Übergriffe oder emotionale Vernachlässigung.
Man unterscheidet hierbei verschiedene Arten von Trauma. Im folgenden gehe ich nur auf zwei Arten von Trauma ein.
- Schocktrauma
Ein Schocktrauma ist ein akutes Trauma, eine einmalige Erfahrung von Gewalt oder Bedrohung, wie beispielsweise ein Unfall, ein Gewaltverbrechen oder auch eine schwere Erkrankung. Akutes Trauma kann zu einer Vielzahl von körperlichen und emotionalen Reaktionen führen, einschließlich Schock, Ängstlichkeit, Schmerzen und Albträume.
Obwohl viele Menschen nach einem akuten Trauma erfolgreich wieder in ihr Leben zurückkehren können, können einige Betroffene langfristige Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Ereignisses erfahren, insbesondere wenn sie keine Unterstützung erhalten oder sich nicht in einer sicheren und unterstützenden Umgebung befinden. - Komplextrauma
Ein komplexes Trauma tritt auf, wenn eine Person langfristige und wiederkehrende Traumata erlebt hat, insbesondere in der frühen Kindheit.
Komplexes Trauma kann schwerwiegende Auswirkungen haben, einschließlich einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Bindungsprobleme, Depressionen, Angstzustände und dissoziative Störungen.
Das Komplextrauma wird nochmals unterteilt in Enwicklungs- und Bindungstrauma.
Ein Entwicklungstrauma tritt auf, wenn ein Kind in seiner Entwicklung durch traumatische Ereignisse beeinträchtigt wird.
Bindungstrauma entsteht, wenn ein Kind nicht die Möglichkeit hat, eine sichere und stabile Bindung zu seinen primären Bezugspersonen zu entwickeln. Dies kann durch Vernachlässigung, Missbrauch, Trennung oder andere traumatische Erfahrungen in der Kindheit verursacht werden. Diese Unsicherheit in der Bindung kann langfristige Auswirkungen auf das emotionale und soziale Leben eines Menschen haben. Häufig entsteht durch ein Bindungstrauma auch ein Entwicklungstrauma.
Traumatische Erfahrungen, egal durch welche Art von Trauma, können tiefe Spuren im Körper und Geist hinterlassen. Die Auswirkungen von Traumata können sich auf viele Bereiche des Lebens auswirken, von der emotionalen Gesundheit bis hin zur körperlichen Gesundheit und Wahrnehmung.
Wir wirkt sich ein Trauma auf unser Nervensystem aus?
Unser Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk von Nerven und Zellen im Körper, das Signale zwischen verschiedenen Teilen des Körpers und dem Gehirn übermittelt. Es besteht aus zwei Hauptkomponenten: dem zentralen Nervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS). Das PNS wird nochmals unterteilt in das Autonome Nervensystem (ANS) und das somatische Nervensystem (SNS).
Im Falle von Trauma ist das Autonome Nervensystem (ANS) relevant. Dieses ist wiederum unterteilt in den Symphatikus (Kampf-Flucht) und den Parasymphatikus (Ruhenerv).
Bei einem Trauma wird das ANS aktiviert, um auf die Bedrohung zu reagieren. Dies ist eine natürliche Überlebensreaktion, die als „Kampf-, Flucht-Reaktion“ bezeichnet wird. Im Extremfall, der Lebensgefahr, kann sogar eine „Erstarren-Reaktion“ eintreten, der sogenannte „Totstell-Reflex“, welcher durch die Aktivierung des Parasymphatikus bei gleichzeitiger Aktivierung des Symphatikus hervorgerufen wird.
Ein gut funktionierendes autonomes Nervensystem ist der Schlüssel zu einer optimalen Gesundheit. Es ermöglicht uns, auf Stressoren angemessen zu reagieren und unseren Körper wieder in einen entspannten Zustand zu bringen. Wenn das autonome Nervensystem jedoch aus dem Gleichgewicht gerät, kann dies zu einer Vielzahl von Problemen führen.
Die übermäßige Aktivierung des sympathischen Nervensystems führt zur Freisetzung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol. Dies kann zu einer erhöhten Herzfrequenz, einem erhöhten Blutdruck, einer beschleunigten Atmung und einer erhöhten Schweißproduktion führen. Der Körper wird in einem dauerhaften Zustand der Alarmbereitschaft gehalten, was zu einer anhaltenden körperlichen und emotionalen Belastung führt.
Gleichzeitig kann das autonome Nervensystem nach einem Trauma eine Unteraktivierung des parasympathischen Nervensystems aufweisen. Das parasympathische Nervensystem ist für die Erholung und Entspannung zuständig und reguliert Funktionen wie Verdauung, Schlaf und Heilung.
Die Unteraktivierung des parasympathischen Nervensystems kann zu Schwierigkeiten beim Entspannen und Regenerieren führen. Menschen, die ein Trauma erlebt haben, können daher Schlafstörungen, Verdauungsprobleme und eine verminderte Fähigkeit zur Stressbewältigung erfahren.
Die Auswirkungen auf das autonome Nervensystem nach einem Trauma sind vielfältig und können zu einer Vielzahl von Symptomen führen. Dazu gehören Flashbacks, Albträume, Angstzustände, Panikattacken, chronische Schmerzen, Schlafstörungen und eine beeinträchtigte emotionale Regulation.
Doch es gibt einen Weg, um die Heilung dieser Wunden zu unterstützen und die Stärke zurückzugewinnen – das traumasensible Yoga.
Was ist traumasensibles Yoga?
Traumasensibles Yoga ist ein Ansatz, der speziell für Menschen mit Traumata entwickelt wurde. Es basiert auf den Grundprinzipien des Hatha-Yoga, kombiniert sie jedoch mit einem starken Fokus auf Stabilisierung, Körperwahrnehmung und Achtsamkeit.
Im Allgemeinen geht es beim Yoga darum, durch physische und mentale Übungen Körper und Geist in Einklang zu bringen. Beim traumasensiblen Yoga wird dabei besonders auf die individuellen Bedürfnisse und Grenzen der Teilnehmer:innen geachtet. Die Yoga-Praxis bietet einen geschützten Raum, in dem sich die Teilnehmer:innen in kleinen Gruppen oder sogar im Einzelsetting sicher fühlen und bewusst mit ihrem Körper und ihren Empfindungen umgehen können. Dies fördert die Selbstregulation und ermöglicht es ihnen, stärkende Erfahrungen im eigenen Körper zu machen.
Wesentliche Merkmale einer Traumasensiblen Yogastunde
- Die Teilnehmer:innen haben stets die Wahl, sie entscheiden selbst, ob oder wann sie in eine Übungen mit einsteigen und in welcher Form sie diese ausüben möchten
- Die Teilnehmer:innen werden nie dazu aufgefordert die Augen zu schließen, denn das kann für traumatisierte Menschen sehr triggernd sein
- Die Teilnehmer:innen werden wenn überhaupt nur sehr behutsam mit dem Thema Atem konfrontiert, denn auch das kann triggernd sein
- Traumasensible Wortwahl, sodass die Teilnehmer:innen stets zur Eigenermächtigung eingeladen werden
- Es wird ein„sicherer“ Rahmen geboten, sowohl von den Räumlichkeiten als auch vom Yogalehrer:in (es wird zB. niemals ein Teilnehmer:in angefasst duch den Lehrer:in sondern nur durch verbale Adjustments unterstützt)
Die Wirkung von traumasensiblem Yoga
Traumasensibles Yoga hat eine nachgewiesene Wirkung auf die Verarbeitung und Heilung von Traumata. Durch die achtsame Praxis werden verschiedene Bereiche im Körper aktiviert, die im Zusammenhang mit der Stressreaktion stehen. Dies hilft den Teilnehmenden, ihre Körperempfindungen bewusst wahrzunehmen und in einem sicheren Rahmen zu erkunden.
Durch die regelmäßige Praxis von traumasensiblem Yoga können Menschen mit Traumata lernen, sich sicher und geerdet in ihrem Körper zu fühlen. Sie erfahren eine erhöhte Körperwahrnehmung und können ihre eigenen Grenzen besser erkennen. Dies wiederum kann dazu beitragen, die Symptome von PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.
Der unterstützende Weg zur Heilung
Die Heilung von Traumata ist ein individueller Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Traumasensibles Yoga kann jedoch eine wertvolle Ergänzung zu anderen Therapieformen sein und den Heilungsprozess unterstützen. Indem die Teilnehmenden lernen, bewusst mit ihrem Körper umzugehen und achtsam auf ihre Bedürfnisse zu reagieren, können sie Selbstfürsorge und Selbstregulation entwickeln. Traumasensibles Yoga kann dabei unterstützen, wieder Vertrauen in den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten zurückzugewinnen. Dies ermöglicht einen ganzheitlichen Heilungsprozess auf körperlicher, emotionaler und spiritueller Ebene.
Zusammenfassung
Traumasensibles Yoga ist ein kraftvoller Ansatz, um Traumata zu verarbeiten und zu heilen. Menschen mit Traumata können ihren Körper wieder als sicheren Ort erfahren und ihre eigene Stärke wiederentdecken. Es gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Vergangenheit mit Mitgefühl und liebevoller Präsenz zu betrachten und ihren Weg zur Heilung zu finden.
Wenn auch du nach einem Weg suchst, um Traumata zu überwinden und zu innerer Stärke zu finden, könnte traumasensibles Yoga eine wertvolle Ergänzung zu deinem Heilungsprozess sein. Finde einen qualifizierten Yoga-Lehrer oder eine Yoga-Lehrerin, die sich auf traumasensibles Yoga spezialisiert haben, und beginne deine Reise zur Heilung durch Achtsamkeit im Körper.
Meine Qualifikation für Traumasensibles Yoga
Im November 2023 habe ich bei Eva Weinmann (Diplom-Psychologin, Yogalehrerin) und Helga Baumgartner (Yogalehrerin für Yin Yoga und Hatha-Yoga, TSY® Practitioner) die 5-tägige Fortbildung für Traumasensbiles Yoga mit Zertifikat abgeschlossen.
Für mehr Informationen zu meiner Person siehe https://yoga-metime.de/uber-mich
Empfehlung
Ergänzend zum traumasensiblen Yoga, kann auch eine Therapie bei einem Traumatherapeuten sinnvoll sein. Eine Empfehlung für eine gut ausgebildete Therapeutin.
Karoline Kalbitz, Heilpraktikerin für Psychotherapie, psychotherapeutische Aromapraktikerin und Coach für Neurosystemische Integration® (ganzheitlich-integrative Traumaarbeit)